Rota

Heute war nur ein Kurzprogramm angesagt. Nach Erledigung der regulären Marina-Routine letztmöglichen Zeitpunkt, zum  bei dem es noch mit Anstand geht, den Hafen verlassen.

 

Nach ca einer Minute das kleine Vorsegel ausgerollt, Maschine aus und mit günstigen Winden mit der frischen Brise über die Bucht, um gegenüber zwischen einer Flussmündung und einem Hafen ohne Einsatz der Maschine zu ankern und einfach mal fast nichts zu machen.

 Zu sehen gibt es genug, vor der Skyline von Cadiz.

Für den vorabendlichen Landgang hat sich die Bord Frau abgemeldet. Mal sehen, ob es berichtens -wertes gibt.

Als Besonderheit in dieser Marina fällt auf, dass man riesige Betonwände erstellt hat, um in deren Schutz größere Boote auf dem Boden und kleinere in Regalen zu parken. Da zurzeit Saison herrscht, sind die Lagerplätze leer, hoffentlich sind sie im Winter voll.

Man hat sich große Mühe gegeben, den Wänden Form und einen schönen Anstrich zu verpassen. Für die Bewegung der Boote gibt es einen überdimensionalen Gabelstapler

   

 

 

 

 

 

 

 

 

und eine kleine Ausbuchtung im Hafen zum rein- und raussetzen.

Ob ein überdimensionaler Slip auch dafür genutzt werden kann, weiß ich nicht.

 

Wir fanden einen Segelmacher. Der einen kleinen Riss im Segelkleid günstig repariert hat.

Nachdem wir von einem englischen Segler, der in seinem Leben mit der Suche nach Erdöl beschäftigt war, über die Relevanz von einem Kohlenmonoxid Detektor an Bord unterrichtet worden waren, erstanden wir diesen im ortsansässigen Yachtshop. Die Standbohrmaschine der angeschlossenen Werkstatt nahm ich in Beschlag, um dem Notenständer meiner Oma die Eisenschrauben zu ziehen, und diese samt Scharnieren durch Niro zu ersetzen.

Nach dem Vorbild von Langstreckenschwimmer Bernd, nahm ich mir einen entfernten Strandabschnitt zum Ziel, um dann festzustellen, dass er erstens weiter entfernt war als vermutet und zweitens nicht so schön, da im seichten Wasser mit rauen Steinen gespickt.

Meine Bord-ober-Bedenken-Trägerin bemerkt zu der Aktion, dass ich erstens den genauen Routenplan genehmigungstechnisch nicht eingereicht habe, und zweitens: was ist, wenn Dir unterwegs die Puste ausgeht? Ich meinte nur, wenn ich es nicht mache, geht mir todsicher demnächst die Puste aus.

Am darauffolgenden Tag stand alternativ Schiffskosmetik auf dem Programm. Zur Erklärung:

Vieles was im Meer als Einlage außer Badenden und Fischen so rumschwimmt, wird oft von der Flut oder den Wellen an den Strand gespült und bildet den sogenannten Flutsaum.

Früher fand man mit Chance darin Bernstein, heute eher Plastik. An Küsten, die den Tourismus anlocken sollen, sieht man frühmorgens gewaltige Kehrmaschinen, die vor der Skyline nicht die Straße sondern den Strand fegen.

Ähnlich gelagerte Randerscheinungen hat man auch an einem Schiff, wo auch schon mal die Wellen hochschlagen, besonders wenn Motorboot- und Jetskifahrer ein psychopathologisch alteriertes Vergnügen darin sehen, möglichst mit der ungünstigsten Fahrstufe zwischen Gleit- und Verdränger Fahrt maximal Wasser auf schaufeln, um einem dieses bei unzähligen Vorbeifahrten an die Bordwand zu klatschen. Die gleichzeitige Lärmbelästigung wird kollateralschadend dankend mitgenommen.

Wenn nun das Schiff von seinem unschönen Schmandrand befreit werden soll, so wie man Kindern den Kakaorand vom Munde wischt, geht der Skipper mit einem Hardschwamm, den er von einem verstorbenen Kollegen, der auch segelte, geerbt hat, ins Wasser und schrubbt mit teilweise flipper-artigen Bewegungen den Dreck vom Schiff. Wieder einmal hatte ich meine Kräfte überschätzt und musste das ein wenig büßen.

Am nächsten Morgen nutzten wir unseren Generator um Kaffee zu kochen und mit seiner Kraft den Anker zu lichten. Mit den letzten Resten des morgendlichen Land-See-Windes segelten wir aus der Bucht durch ein Heer von Angelbooten, wobei mich bei einer solchen Gelegenheit die Admiralin stets an das Volvo-Ocean-Race erinnert, wo ein Teilnehmer ein Fischerboot versenkt hat.

Irgendwann hatte die aufgestiegene Sonne das Land genauso erwärmt, wie das Meer, und wir konnten nur noch mit Maschinenkraft die stehende Luft mit unserem Mast durchschneiden.

Moni wäre gerne noch weiter gefahren, aber wenn der Rotarier Bernd uns Nichtrotariern wärmstens Rota als Anlaufhafen empfiehlt, muss man darauf schon eingehen.

Rota hatte einige Relikte einstiger maurischer Hochkultur zu bieten, einen Urlaubsort, der ganz auf spanische Urlauber zugeschnitten war, mit einem Dünenwäldchen mit Schutzhütte und

 

sowie einen kleinen botanischen Garten mit freilaufenden Chamäleons, die nicht leicht auf ihren Ruheplätzen auszumachen waren.

Wie meistens verließen wir Rota um die Mittagszeit, nachdem wir das Boot mit allem Notwendigen ausgestattet hatten. Probleme gab es beim Passieren der Chipkarten-Eingangstür zur Marina mit unseren überladenen Klapprädern. Zwei gerade gekaufte Äpfel fielen aus dem Fahrradkorb und kullerten die wegen Niedrigwassers schräge Rampe zum Steg hinunter. Der Segler aus der ersten Box machte geistesgegenwärtig einen Satz und hielt einen Apfel mit dem Fuß und den anderen mit der Hand auf. Moni mutierte augenblicklich zur Eva und überreichte dem Adam großzügig den fußgestoppten Apfel, den dieser auch sofort verzehrte.

Bevor die Geschichte weiterging, liefen wir aus und mit Maschine um die vorgelagerten Klippen herum. Im tiefen Wasser konnten wir Segel setzen und bei Huelva um 23.00 und Vollmond, dem wir hinterher zu fahren scheinen, den Anker zu werfen.

Seit Jahren sind wir das erste Mal wieder in einem Fluss mit großem Seeschiffsverkehr. Fühlt sich an, wie zu Hause, nur dass hier Christoph Kolumbus vor über 500 Jahren ausgelaufen ist, um Amerika bzw. Indien zu entdecken.

Wir also morgens den Fluß hinauf, bis zu einer Stelle, wo sich der Fluss dreiteilt, aber alle Arme durch feststehende Brücken abgeschottet sind. Ergo, den Anker wieder geworfen und mit dem Beiboot am Denkmal von Kolumbus vorbeiwelches die Amerikaner den Spaniern geschenkt haben, dafür daß sie den Entdecker geschickt haben. Mir stellte sich die Frage, was für ein Denkmal uns die Amerikaner einmal schenken, dafür, dass wir ihnen Donald Trump geschickt haben.

Das Museum zur wahrscheinlich bedeutendsten Entdeckertour aller Zeiten haben wir bequem mit dem Beiboot erreicht und nach wenigen Schritten zeigte es uns mit allen Facetten einmal wieder eindrücklich, dass es hier, wie bei jedem Start-up-Unternehmen die eigentliche Schwierigkeit nicht in der unternehmerischen

Handlung selbst lag, sondern im Fund-raising, also Kohle besorgen.

Auch damals schon, genau wie heute, waren zu diesem Zwecke alternative Fakten äußerst hilfreich, und so wurde den Financiers, die sich nur mit ihrer speziellen Mathematik auskannten, der im schlimmsten Falle zu bewältigende Erdumfang durch absichtliches Vertauschen von Maßeinheiten kleingerechnet.

Der Rest war nur noch Durchhalten, weshalb ich meine Bordregierung nicht verstehe, wenn ich nachvollziehbar argumentiere, dass Kolumbus mit seiner Flottille

56 Tage benötigte, und wir das auch ohne die ARC voraussichtlich in weniger als der Hälfte schaffen.

Bemerkenswert war auf jeden Fall, dass bei der Premiere auf Anhieb der günstigste Kurs gefunden wurde, der nicht geradeaus geht und der auch bei weiteren Überquerungen beibehalten wurde.

 

Bis kurz vor Ende der Reise hielt eine einzige Hecklaterne

auf dem Flaggschiff den Konvoi zusammen. Im Sturm auf dem Atlantik machte Pinta sich selbstständig.

Im Museum wird ausgiebig darauf hingewiesen, dass bei der Begegnung von alter und neuer Welt es zu einem Zusammentreffen von angezogenen und nackten Menschen kam. Welche Konsequenzen sich daraus ergaben, darüber lässt das Museum den Besucher im Ungewissen.

Auf dem Nachbau der Santa Maria begegneten wir einem deutschen Urlauberpaar, die sich mit dem Gedanken herumschlugen, ihren Lebensabend in Andalusien zu planen, weil dort die Motorradsaison wesentlich verlängert ist. Als Segler fragte ich mich, wie die Weltgeschichte wohl verlaufen wäre, wenn kolumbus ein Motorradfan gewesen wäre? Aber Spaß beiseite, liebe Harley-Biker Freaks, die ihr so gerne uns im Heimatrevier Sonntags Morgens auf eurer Fahrt von Okel nach Hoya die Ohren voll dröhnt, was wäre mit eurem Vergnügen, wenn Kolumbus nicht gesegelt wäre?

Mit dieser uns beschäftigenden Frage pilgerten wir zum Beiboot, was höchste Zeit war, denn es war Hochwasser und der um einen Holzpfahl gelegte Palsteg war mit dem steigenden Wasser nicht hochgerutscht.

Wir segelten bei fast null Wind zum alten Ankerplatz an der Mündung(Bild22) und beobachteten, interessiert, wie die Anderen die Kurse der Großschifffahrt kreuzten.

 

 

 

 

Bei letzterer handelt es sich zum ganz großen Teil um Gastanker, was bedeutet: wenn es hier mal rumst, dann aber richtig.

 

 

 

Als an der norddeutschen Küste der neue Seebäderdampfer nach Helgoland mit einem Flüssiggasantrieb ausgestattet worden ist, wurde ein riesen Buhei darum gemacht, während es hier vollkommen normal zu sein scheint, genau wie auf spanischen Straßen deutlich mehr Autos mit Elektro- oder Hybridantrieb fahren, als bei uns im Lande.