Kephalonia

Nachdem wir in Agio St. Nikolaos im Nordosten eine Nacht unspektakulär vor Anker gelegen haben,

wollte ich noch einmal zu den blauen Grotten segeln, weil doch die ganze Glasbodenschiffflotte dorthin fährt.

Als uns dann aber der plötzlich aufgefrischte Westwind an der Nordspitze erwischte, drehten wir schnell ab, um zunächst nur unter gereffter Fock gemütlich Agostolie anzulaufen. Bei den heftiger werdenden Wellen konnten wir den Kurs nicht halten und Berechnungen zeigten ein Ankommen erst bei Dunkelheit. Wir fanden einen kleinen Hafen, Pelagia, der im Hafenführer noch nicht beschrieben ist.

Erstmalig benutzte ich Google Earth, um Informationen zu bekommen. Während wir im Gewirr von Leinen, Bojen und Bötchen, welches vermutlich durch die ortsansässigen Fischer bewußt entfaltet worden ist, uns bei einbrechender Dunkelheit zu orientieren versuchten, fanden wir ein gerade ausreichendes Stück Pier neben einem Katamaran, der richtig für Langfahrt ausgerüstet war.

Das Anlegen gegen den Wind war nicht ganz einfach und begleitet vom ohrenbetäubenden Lärm eines Düsenjets, der unsere Mastspitze knapp überflog, um  Sekunden später auf dem nahegelegenen Flughafen aufsetzten. Der Katamaran Skipper war beim Anlegen behilflich, am nächsten Morgen hatte er einen Crewwechsel und lief sofort danach aus, um direkt nach Sardinien zu segeln.

 

 

Wenn man morgens durch die Scheiben schaut, fragt man: ist das wohl Flug-fall-out?

Wir sattelten die Fahrräder, um damit die Insel zu erkunden. Moni gab nach wenigen Kilometern auf, da die Landschaft nicht so platt strukturiert ist, wie bei uns in Norddeutschland. Was eher schon ähnlicher ist, ist das, was die Golfer Green nennen, während die südöstlicher wohnenden Griechen golfmäßig eher im Bunker wohnen. Selbst Wälder, nadelig nicht naddelig, gibt es hier. Wegen der Tockenheit und des frischen Windes sind die Insulaner besorgt wegen der Brandgefahr und haben eine hohe Alarmstufe ausgerufen.

Bei uns an Bord sorgt die Admiralin immer für eine erhöhte Alarmstufe.

In einem der durchradelten Kieferwälder gab es ein italienisches Kriegsmahnmal. In der Hoffnung hier etwas über die kuriose Geschichte zu erfahren, radelte ich brav dorthin, mal wieder den Berg hinauf.

Das Mahnmal zeigte sich eher enttäuschend, so wollte ich eine alte Ruine dahinter noch inspizieren und im Wald ein wenig die Bäume wässern. Dummerweise überraschte ich mit meiner Neugier versehentlich ein Liebespaar, worauf das mit der Bewässerung auch erst einmal verschoben wurde.

Schön, daß die Hippieweisheit: „make love, not war„ nicht in Vergessenheit geraten ist.

Jetzt weiß ich auch, warum in praktisch allen Souvenirläden in den Touristenhochburgen reichlich Devotionalien erotischer Prägung angeboten werden, denn:  Altmauerwerk allseits bereit, für eng vertraute Zweisamkeit.

Dann erreichte ich mit dem Fahrrad den Liegeplatz unserer Freunde, wo allerdings der eine gerade Anker auf gegangen istund Walter mit Einkäufen und Wasser bunkern beschäftigt war, wobei ich etwas helfen konnte.

Neben seinem Schiff lag eine Bavaria, die achtern zum Botanischen Garten umgestaltet war. Beim näheren Hinsehen zeigte sich der Grund: die Palme fehlte, also mußte die Botanik nach achtern.

Dank der kyrillisch, kryptischen Beschilderung in Griechenland, sowie der Vorliebe für Sackgassen,

habe ich mich diverse Male verfahren, was angesichts der montanen Landschaft und der sengenden Sonne ein zweifelhaftes Vergnügen bedeutet. Von passierten Griechen wird man nur sehr mitleidsvoll angesehen. Das Fahrrad als fast schon außerirdisch klassifiziert.

Mit Chance findet man mal ein verständliches Verkehrsschild.

Die Strassen hier sind auch nur bedingt fahrradgeeignet, da einmal die motorisierten Verkehrsgenossen ein eher dominantes Gehabe an den Tag legen, und der, wie Zuckerguß über die Straße gekleckerte Belag zum Rand hin immer ausgefranster wird. Zusätzlich gibt es in ziemlich jeder Straße eine längs verlaufene Naht, wo man sicher einmal die Straße aufgefräst hat, wahrscheinlich um ein Internetkabel darin zu versenken, dann wurde die Rinne notdürftig und überstehend wieder verschlossen. Der Fahrradfahrer hat nun das Problem, daß der Streifen rechts von der Naht meist nicht auskömmlich ist, für ein sicheres Befahren, wegen oben beschriebener Randprobleme. Auf der schmalen Naht geht gar nicht und links davon kommt man dem Überholverkehr gefährlich nahe, wofür dieser überhaupt kein Verständnis hat und auch schon mal von der Hupe Gebrauch macht.

Aber wenn einem auf dem Weg nur überfahrene, tote Schlangen begegnen, ist man auch schon froh.

Am ehemaligen Wohnhaus von Lord Byron vorbeigekommen, zeigt mir, daß ich meine spärlichen Geschichtskenntnisse, dringendst auffrischen muß.

An einer besonderen Kirche von 14Hundertund….läßt der Küster noch einmal schrecklich laut die Glocken läuten, wodurch der unter dem Turm hängende Lüster in der sonst stillen Kirche zu pendeln beginnt. Hat der Erbauer hier sich den Spaß gemacht, ein Foucault’sches Pendel einzubauen?

Zweimal haben seit der Erbauung Erdbeben die Kirche zerlegt, aber bei dem großen von 1953 ist nur die Glocke vom Turm runtergefallen. Der Küster beklagte mangelnde Spendenfreudigkeit der Bevölkerung. Es fällt auf, daß hier auf Kephalonia die Villen und Hotels ein wenig besser in Schuß sind als die Gotteshäuser, im Gegensatz zum übrigen Griechenland. Wie viele Plaquetten auch hier von der EU-Spendabilität zeugen, erstaunt mal wieder.

Wahrscheinlich das älteste Relikt auf der Insel, ein Gräberfeld aus mykenischer Zeit, war sauber eingezäunt und nur als Zaungast zu besichtigen.

Zum Tagesende schnell noch mal das Rad mit Vorräten aus dem Supermarkt beladen und ab in den Hafen, wo Moni schon wartet um gemeinsam das Abendessen zu geniessen, nachdem ich mich im Hafenwasser nach der hitzigen Strapaze wieder runtergekühlt hatte.

Am nächsten Tag, kleiner Törn in den Fjord rein und bei nachlassenden Winden vor Anker. Braucht Moni keine Angst vor Ratten zu haben. Trotz kurzer, leichter Kreuz, sind die Endkappen des Fockschlittens gebrochen und ich muß reparieren. Wie immer, keine Langeweile.