Alicante

Nachdem unsere Bord-IT vom Engländer Dean in seiner PC-Clinic in Moraira professionell

und vorbildlich auf Vordermann gebracht worden ist, hielten wir den Checkout-Zeitpunkt minutiös ein und surften mit achterlichem Wind bis zu 8 Beaufort Richtung Alicante. Es lief so gut, dass wir keinen Zwischenstopp einlegen wollten, schon gar nicht in Benidorm, wo die zahlreichen Betontürme den Wind aufhielten und die von ihnen und einigen natürlichen Felsen umzingelte Bucht in einen Gluthexenkessel verwandelten, in dem man kaum atmen konnte.

Uns stand mal wieder das Meer weitgehendst exklusiv zur Verfügung, bis auf wenige Verwegene, darunter die Guardia Civil, die tapfer gegen die Wellen anmotorten.

Das Aussteuern der Wellen konnte ich dem Autopiloten schlechterdings nicht überlassen nur als wir im Schutz der Hafenmauer von Alicante das einfach gereffte Großsegel runterließen, dachten wir: so schlimm war’s dann auch wieder nicht. Es war ein gefakter Mastbruch eines Nachbauschiffes.

Das Einchecken verlief identisch wie in Valencia, vorläufig am Wartesteg festmachen, Papiere und Kreditkarte am Tresen, der auch als Rezeption eines Luxushotels fungieren könnte, präsentieren, und erst dann gibt es einen Liegeplatz, mit hinbeorderter Assistenz.

Man ist stolz darauf, sogenannte Stegfinger statt Mooringleinen zu haben, wobei ich letztere+ eigentlich bevorzuge, außer wenn ich beim Ansteuern eines Platzes mit unserem extrem tiefgehenden Schwenkkiel die Mooringleinen von anderen Booten fische oder touchiere.  Für den Hafenbetreiber ist es sicherlich nachteilig, die Leinen turnusmäßig tauchend erneuern zu müssen. Doch die Finger und die gerammten Dalben nehmen auch viel kostbaren Hafenplatz weg.

Alicante hat diverse Ähnlichkeiten mit Valencia, und doch sind beide Städte komplett anders. Ich glaube, dass beide Städte in einem sportlichen Konkurrenzkampf stehen, der auf vielen Ebenen ausgetragen wird. Beide versuchen, sich gegenseitig mit Großveranstaltungen zu überbieten.

Alicante kann mit seiner heraus- und überragenden Barbara-Burg punkten. Uns hat man sie leider vor-enthalten, indem man vorzeitig uns die Aufzugstür vor der Nase verrammelt hat. Trotz blasenbedingter Gehbehinderung der Kapitänin, erkundeten wir investigativ den Hintereingang, welches der eigentliche ist, und fanden den Hintergrund für den Verschluss der Burg heraus, eine geschlossene Vip-Gesellschaft.

Mühsam und mit dick bepflasterten Füßen erreichten wir über das wunderschöne Marmorpflaster der Uferpromenade den Liegeplatz, um festzustellen, dass überall bei den Booten um uns rum, nächtliche Aufbruchstimmung herrschte, und man hektisch aus der Marina dieselte.

Auf einer größeren, schicken Motoryacht direkt neben uns wartete eine versammelte, schicke Abendgesellschaft ungeduldig auf ein letztes, eingeladenes Paar, um dann mit der ganzen, aufgebrezelten Corona, hastig abzulegen.

Eine flotte, hübsche Engländerin, die ihren Lebensunterhalt damit verdient, ganze 18 Yachten, darunter auch besagte, rundum sorglos in Topform zu halten und zeitpunktgenau auslaufbereit zu präparieren, kam vorausschauend herbeigeeilt, um durch zurufende Anweisungen das Schlimmste zu verhindern. Man hatte nämlich in der Eile vergessen, einen Schalter für die elektrisch betriebene Steuerung zu betätigen und fuhr steuerlos, zusätzlich zum Duty-free, aus der Box.

Als man das Problem erkannt hatte, beorderte man die reichlich im Schiff versammelten Pferdestärken auf Rückwärts und rammte das Nachbarschiff, trotz heldenmutigem Einsatz der Gala-Damen-Crew, die eifrig bemüht waren, mit größter Anmut das Schlimmste zu verhindern und das Fingern am Spaghettiträger durch hantieren mit dicken Festmachertrossen ersetzten.

Die Engländerin half tüchtig vom Steg aus mit, innerlich schnaubend und mit blutendem Herzen, da sie demnächst als Skipperin die Yacht nach England überführen soll.

Eigentlicher Anlass dieser maritimen Stampede war ein für Mitternacht angesagtes Großfeuerwerk(siehe Titelbild), welches sich zahlreiche Yachties aus Seeposition mit fotogenem Hintergrund der beleuchteten Burg ansehen wollten und die bei dieser Prozedur üblichen Kollateralschäden vernachlässigten.

Das Feuerwerk war eines von fünf, die im Rahmen einer Competition an fünf aufeinander folgenden Nächten von diversen Pyromanen abgebrutzelt wurde.

Hoffen wir einmal, dass der unorthodoxe Feinstaubeintrag durch diese Aktion in die hier komplett wolkenlose Atmosphäre dazu beiträgt, die momentan brutalen UV-Einstrahlungswerte ein wenig zu senken, um speziell den mit Vorliebe sonnenbadenden Motorbootfahrern damit verbundene Risiken zu mindern.

Bei der Gelegenheit kommt mir in den Sinn, dass der derzeitige Haarmodetrend zur Glatze mit Sicherheit nicht auf Betreiben der Friseurmeisterinnung basiert. Eher lässt sich vermuten, dass die Sonnencremes produzierende Kosmetikindustrie diesbezüglich trendsetternd tätig geworden ist.

Wir schöpfen zur Zeit jede an Bord befindliche Möglichkeit aus, bei der brutalen Hitze, das Bordleben im kunststoff-zu-Hause angenehmer zu gestalten, ohne dabei übermäßig

Energie zu verbrauchen, die man uns sowieso wegen Renovierung der Elektrik gekappt hat.

Beim Warten auf Post und Handwerker machten wir einen Absrecher auf die vorgelagerte Insel Tabarca, wo die Bucht ohne Pamela dazu aufforderte: rutsch mir mal die Beach runter.

Allen, die uns für verschollen halten, wir segeln noch und reichlich.

 

Für die Passagen außerhalb des Mittelmeers brauchen wir ein neues Radar, da uns das alte ein Blitz in Kroatien zerschossen hat. Eine Möverlandeverhinderung bringt wenig, da sonst daneben gekleckst wird.