Kea
Lange hatten wir uns darauf gefreut, eine Bekannte von mir aus Studienzeiten, die gemeinsame Freundin Beate auf Kea wiederzutreffen. Ankommen am Dienstag, den 26. Heißt für uns vor 24.00 einzulaufen. Wir konnten ja nicht ahnen, daß wir mit dem Geizen mit Diesel den Weinkonsum der auf Kea als Begrüßungskommitee wartenden exorbitant ankurbeln würden.
Es war wieder mal spannend, beim Aufkreuzen die gespenstische Insel Makronisos, die früher als riesige Quarantänestation, Auffangort für Deportationen, Knast/KZ diente, genauestens zu inspizieren, der untergehenden Sonne davonzusegeln, um dann nahezu geräuschlos in die Stille vom Hafen Vourkari einzudringen und diesen mit unseren LED-Positionslaternen auszuleuchten.
Das Liegeplatzangebot war riesig, da wir im ganzen Hafen das einzige Segelboot waren. Zahlreiche Hände griffen dagegen nach unseren Leinen und trotz der eingeschlichenen Kälte wurden noch lange im Cockpit Neuigkeiten ausgetauscht.
Für den Mittwoch wurde ein Ausflug generalstabsmäßig geplant, bei dem ich drei Musen an einen bedeutenden antiken Hotspot schippern durfte. Dieser zum Weltkulturerbe nominierte Ausgrabungsort liegt nur drei Steinwürfe von Beates Haus entfernt, sie konnte ihn wegen ihrer eingeschränkten Geländegängigkeit 10 Jahre lang nicht besuchen, wobei er in dieser Zeit erst ausgebuddelt worden ist.
Alle Einboot- und Ausboot-Manöver klappten hervorragend und wir hatten einen unterhaltsamen und informativen Tag, wobei die unterschiedlichen Anreiseverkehrsmittel, letztes Jahr mit Maulesel, dieses Jahr mit Boot durchaus differenzierte Betrachtungsmöglichkeiten booten.
Der nur unzureichend einsetzende Wind, verbunden mit dem Dieselgeiz und dem Wunsche, das Faszinosum des Segelns vermitteln zu wollen, brachten es mit sich, daß wir erst wieder bei völliger Dunkelheit den Hafen erreichten. Dieser war wie durch Zauberhand angefüllt mit Segelyachten.
Es handelte sich um Charteryachten eines größeren Unternehmens, die, wie wir erst später erfuhren,
von einer rumänischen Segelschule zu Ausbildungszwecken gechartert worden sind.
Was lernt ein angehender rumänischer Skipper als Wichtigstes:?
Wie man sich des Ankers eines anderen bemächtigt.
… ein Segen, daß die Dinger angekettet sind.
Ein Blick auf die Peilungen der ausgebrachten rumänischen Ankerketten läßt auf den Alkoholkonsum der Besatzungen schließen.
Zum Glück sind Rumänen deutlich mehr fahrende Gesellen als wir, und es kehrte alsbald Ruhe ein.
Beim Brötchenholen entdeckte ich auf einer Motoryacht aus Guernsey zwei Brompton-Klappräder und fordert die Besitzer spontan zum sportlichen Vergleichskampf mit unseren auf, es wurde aber dankend abgelehnt. Auch die indiskrete Frage, ob sich an Bord ein Jacket befindet, um an einschlägigen Wettbewerben formvollendet teilnehmen zu können, wurde verneint. Man wußte allerdings, daß diese Wettbewerbe mit Altersklassen in 10jähriger Abstufung stattfinden.
Also geht es auf eigene Faust oder Fuß auf’s Bike. Mal sehen, ob es etwas zu berichten gibt.
Am 1.Mai sattelte ich dann doch mein Arbeitspferd, und radelte zum fast höchsten Punkt der Insel.(Bilder)
Ganz oben entdeckte ich im Gestein eine Gletschermühle, eine Aushöhlung im Gestein, die in Urzeiten von reißenden Wassern vorgenommen wurde, und wie unsere Freundin Beate wußte, später von den Inselbewohnern zum Teppichwaschen benutzt wurde, da sie immer mit Wasser gefüllt war.
In einem Dorfrestaurant gab es Landestypisches mit köstlichem und würzigen Geschmack. Trotz des längeren Landganges fanden wir die Toscadeau wohlbehalten, der Hafen hatte sich deutlich geleert.
Kea – Chora
Um eine weitere, sportliche Herausforderung zu suchen, beschlossenen Moni und ich einen der vorzeitlich angelegten Wanderwege, von denen es 59km geben soll, zu nutzen um zum Hauptort
Chora oder Loulis zu pilgern. Zunächst nahmen wir die Räder bis zum Anfang des Weges. Leider konnten wir nicht, wie geplant, die Räder beim Kaffee, das zum Volkskundemuseum gehört, abstellen und gleichzeitig das Frühstück nachholen. Also zurück zur Tankstelle, wo die Versorgung sehr dürftig war. Am Museum stand ein Hinweisschild mit Zeitangabe 40 Minuten, was wir nicht glauben wollten. Auch einen QR-code zum scannen hatten sie, mit einer sehr rudimentären Beschreibung des Weges aus dem Internet, und zwar in Richtung von oben kommend. Am Anfang alles easy, man hatte regelrecht gepflastert. Die zwischen den massiven Felsplatten wachsende Vegetation zeugte von geringer Benutzung.
Irgendwann endete der Weg an der Straße, die für Leute mit Motorkraft, wahrscheinlich überdeckend über den alten Wanderweg gebaut wurde. Also weiter am Straßenrand, bis wieder
Ein schmaler Weg abzweigte, der daran zu erkennen war, daß er von seitlichen, aufgeschütteten Steinmauern begrenzt war, und auch wieder ein Schild mit der Nummer 2 trug. Dieser Weg querte ein tiefes Tal, war extrem steil und für Moni kaum zu bewältigen. Als Moni dann auch noch lauthals Bekanntschaft mit einem quer über den Weg gespannten Spinnennetz machte, rief ich ihr aus meiner Kundschafterposition zu, zur Straße zurück zu gehen, und dort notfalls mit einem Taxi den Aufstieg fortzusetzen.
Von jenseits des Tales konnte ich im Teleobjektiv verfolgen, daß sie gut voran kam und bemühte mich, es ebenfalls zu tun. Es wunderte mich nur, daß unsere Wege ganz unterschiedliche Richtungen einschlugen. Außerdem hörte bei mir die Beschilderung auf. Irgendwann mündete der
Weg in einen Feldweg, wodurch ich deutlich schneller voran kam. Zum Glück arbeiteten drei Landschaftsgärtner am Wegesrand, und man versicherte mir, daß der Weg nach Chora führt. Einer konnte sogar etwas Englisch und beschrieb die Stelle,an der ich vom Feldweg abbiegen mußte.
Leider verlor sich dieser Weg alsbald im Nichts und alles Fährten-und Spurenlesen half nichts, ich war in der Wildnis. 2-3 Flurstücke, in denen es vor einiger Zeit tüchtig gebrannt hatte, ließen die Spuren verschwinden und mich fragen, was tun, wenn zufällig Feuer wieder ausbricht, gerade bei dem herrschenden Wind. Ich kämpfte mich den Berg hinauf, um erst einmal wieder Orientierung zu bekommen. Oben gab es gewaltige Steinplatten und ich hüpfte von einer zur anderen, immer auf der Hut, daß auch der Rückweg noch funktioniert. Irgendwann gab es Aussicht, aber nur auf das Ziel, nicht auf das Ankommen. (Bild v Chora)
Es gab nur einen Weg: zurück und ich überlegte schon, wo zur Not ein Hubschrauber mich abholen könnte. Die Moni schon angekündigten 30 Minuten für mein Ankommen waren nicht im Entferntesten einzuhalten. Und wenn Du denkst. Es geht nichts mehr, kommt irgendwo ein Maultier her.
Man sah erst den Kopf, ca 25m unterhalb von mir und bald auch den Reiter, de mich auf griechisch ansprach. Ich sagte, wo ich hinwollte und beeilte mich, zu den beiden abzusteigen. Man wartete, um dann wegweisend voranzureiten. Manchmal wurde der Gingster wie ein Flitzebogen gespannt, und ich mußte aucht geben, ihn nicht in’s Gesicht zu bekommen. Andererseits legte der ortskundige Muli ein flottes Tempo vor, doch ich wollte natürlich unbedingt dranbleiben.
Bald hielt der Bauer an einem Mäuerchen an(Verschnaufpause), nahm einige Steine beiseite, ließ uns drei durchgehen, und baute die Mauer sauber wieder auf. Ich wunderte ich überhaupt nicht mehr, daß ich den Weg nicht gefunden habe. Nachdem ein weiteres Tal durchschritten war, kam ein weiterer Anstieg, der dem Maultier
trotz Ballast deutlich weniger zu schaffen machte als mir.
Dummerweise rief ich ungewollt, wegen vergessener Tastensperre Gott und die Welt an, um laut keuchend und stöhnend selbige auf meine missliche Lage aufmerksam zu machen. Manche haben das Hufgetrappel mit meinem Herzschlag verwechselt, und da ich außer diesen Geräuschen keinerlei Kommentar abgegeben habe, machte sich besonders der schon Erwähnte Ole ernsthafte Gedanken,
und recherchierte schon einmal die Nummern der Coastguard und wo der nächste Hubschrauber ange-fordert werden könnte.
Wie durch ein Wunder stand der rettende Esel mit einem Male vor dem Brunnen, an dem uns die Beate schon einmal abgesetzt hatte, und man bedeutete mir, kräftig Wasser zu fassen. Ein schon vorher angekommener Bauer unterbrach die Wasserbetankung seines Pickup, da er meinen Durst wohl an der Mimik ablesen konnte.
Dankbar verabschiedete ich mich von meinem Retter, der auch noch tanken wollte, da ich den nun weiteren Weg kannte. Ich klärte telefonisch die akustischen Mißverständnisse auf, wobei ich eine interessante Schlange direkt vor mir durch das Abgelenkt sein nicht fotographisch festhalten konnte.
Sie war fast genau an gleicher Stelle, wo Moni 2 Tage zuvor eine viermal so lange fotografiert hat.
Beate hatte beim Autofahren sogar zwei Schlangen auf der Strasse gesehen, davon eine Kreuzotter.
In einer Bucht nahe der Windmühlen des vor wenigen Jahren verstorbenen Weltumsegler’s Pierro eröffnete ich meine persönliche Badesaison und kühlte die blasig gelaufenen Füsse. An den Löchern in den Socken konnte das heilende Meerwasser nichts ausrichten. In der Pisses-Bucht gönnten wir uns einen stattlichen Fisch als Abschiedsessen von unserer Beate, da mir am nächsten Morgen früh nach Milos auslaufen wollten.