Aller Anfang ist schwer
Ja, der Aussetzer, was das Bloggen betrifft, war im letzten Jahr nicht ganz korrekt. Ich gelobe Besserung.
Kurz ein paar Fakten zur aktuellen Situation: wir haben unsere Toscadeau in der Nähe von Marseille, direkt an der Rhonemündung im Port Napoleon eingewintert, wo die Professionalität, mit der dies geschieht Respekt abfordert. Mit der Beauftragung diverser Arbeiten während unserer Abwesenheit hat es nicht so gut geklappt, was vielleicht auch darin begründet war, daß unsere Abreise etwas hektisch verlief und wir uns einen kontra-punktiven Ausgleich zur ambitionierten Segelsaison gegönnt haben, indem wir das Angebot unserer Freunde Sarah und Sebastian angenommen haben, und ihr wundervolles, provancalisches Landhaus am Fuße des Mont Ventoux für 12 Tage bewohnt haben. Es war Genuss pur, das geschmackvolle Ambiente, das Grundstück mit den Weinbergen sowie die nähere und weitere Umgebung zu erkunden. Erinnerungen an Senior Jean Paul wurden eingehend gepflegt.
Zuhause angekommen gab es doch Vieles, was liegengeblieben ist, und wenig Freiraum für das Boot.
Am 17.04. um 3 Uhr morgens, ohne Schlaf, war es dann soweit und wir holten Antonio, dem ich bei der Kalten Schlag am 3.Advent die Fock seines Conger‘s bedienen durfte, ab, um den ersten Flieger von Hamburg über Düsseldorf nach Marseille zu besteigen.
Dort holte uns Andrej, jahrelanger Hausmeister von oben beschriebenem Landsitz ab, und wir fuhren mit seinem VW T4 direktemang zum Boot.
Dort wurde augenblicklich mit der Arbeit begonnen, um das Schiff seeklar zu gestalten.
Nur das Nötigste wurde erledigt, um das Schiff in sein Element gleiten zu lassen.
.Erste Schwierigkeiten ergaben sich aus der Hast. Die Farbe war noch nicht gänzlich getrocknet und ließ die Gurte vom Kran nicht los. Wir mussten kräftig nachhelfen.
Dummerweise war ein Sturm angekündigt und ich las, dass sogar ein Aida-Kreuzfahrtschiff seine Ankunft in Mallorca um einen Tag verschoben hat. Uns saßen der Ankunftstermin von meiner Moni am 25.4. sowie die Abflugtermine der Mitsegler am 26.4. und am 28.04 im Nacken.
Wieder kamen wir an der Stelle vorbei, wo im letzten Herbst drei Männer nur Augen für das Hinterteil. des Schiffes hatten
Ein anderes maritimes Gebilde, mit ausladend gelbem Fahrgestell, sollte man unbedingt beachten, damit das Schiff nicht zum Dauerrastplatz für Möven wird.
Also in See gestochen, mit einem Mitsegler, der noch nie gesegelt ist und einem, der das Schiff überhaupt noch nicht kannte. Das Wetter war gruselig und wir hatten das Mittelmeer bis auf wenige Frachter ganz für uns alleine. Die Tätigkeiten an Bord wurden auf das absolute Minimum reduziert, was der Kälte und den 30 Knoten Wind geschuldet waren.
Andrej, der ein Freund der Wüste ist, konnte der sich bietenden Wasserwüste nichts auch nur annähernd Gleichwertiges abgewinnen, und der vom Süd-gegen-Wind herüber gewehte
Saharasand änderte nichts an seiner abgeneigten Haltung zum Seemansleben.
Zum Glück war Antonio eine große Stütze und mit der Bekämpfung des Hungers durch permanentes Witze erzählen erreichten wir Menorca um an erstbester Stelle das Grundeisen
zu versenken und einmal richtig auszuschlafen. Leider fehlgeplant. Die ortsansässige Lotsenbrüderschaft nahm Anstoß an unserer Ankerposition, weil sie der Meinung waren, daß wir der einlaufenden Fähre nicht ausreichend Raum für ein ausschweifendes Eindrehen
in den Fährhafen gewährten und sie zeigten uns bei der örtlichen Guardia Civil an.
Mit ihrem Versetzbootbrachten sie die bewaffnete Obrigkeit zu uns an Bord, inclusive kleinem Ramming. Jäh wurden wir aus dem Tiefschlaf gerissen und aufgefordert, in dem durch alarmartiges in-See-Stechen, sowie Sturmfahrt nicht zu überbietendem Chaos jede Menge Dokumente und Ausrüstungsgegenstände zu finden. Selbstverständlich sollten wir so ganz nebenbei blitzartig noch den Ankerplatz verlassen, um uns keine 100Meter weiter neu zu positionieren.
Der Polizei merkte man schon an, daß ihnen die Aktion peinlich war und sie das Gehabe der Lotsen übertrieben fanden, nur ihrer Pflicht mußten sie natürlich nachkommen. Nachdem ich meinen Bootsführerschein partout nicht finden konnte, erkannten sie irgendein Papier gnädig als solchen an und ließen sich wieder weglotsen.
Die Aussicht auf erneuten Gegenwind ließ uns später nach Mallorca auslaufen, wo wir nachts in einer Bucht neben der Cala Ratjada ankerten. Die Nacht war unruhig, da die Bucht
zur See weit offen ist und ein ordentlicher Schwell trotz Landwind in die Bucht drückte, der
sich nicht weit von unserm Ankerplatz in mächtigen Brechern brach.
Also nach spärlichem Frühstück gleich weiter an der Südküste entlang. Die Einfahrt von Porto Christo sah von außen so sturmumtost aus, daß ich mich nicht hineingetraut habe und ich befürchtete auch, daß das Liegeplatzangebot u.U. begrenzt sein würde.
Also gingen wir nach Porto Colom, wo unser befreundeter Kollege Dirk einen Liegeplatz schon organisiert hat. Ein tolles Wiedersehen.
Leider zeigte sich der Liegeplatz wie immer nächtens als semiideal, worauf uns die beim Anlegen behilflichen Marineros hätten hinweisen können.
Die Hafeneinfahrt war zwar weit weg, doch lag uns direkt offen gegenüber, und der ankommende Schwell reflektierte ungedämpft an der Steinmole, an der wir lagen.
Also wieder ein Schlaf interruptus, um das Schiff zu retten. Dabei unterlief mir ein folgen-schwerer Fehler. Um das Schiff in eine bessere Position zu manövrieren, ließ ich das Bugstrahlruder betätigen und vergaß in der Anspannung, daß sich auf der Saugseite des Propellers noch eine Mooringleine im Wasser befand, die prompt angesaugt wurde.
Die Leine hat es überstanden, was ein morgendlicher Tauchgang ergab, aber das Winkelgetriebe des Bugstrahlruders hat es zerpflückt, obwohl dieses eigentlich durch einen Scherstift im Innern des Bootes gesichert ist, um größeren Schaden zu vermeiden.
Es hat nicht sollen sein.
Man ist es schon etwas gewöhnt, daß zum Saisonanfang einige Reparaturen fällig sind. Diesmal ist es etwas mehr. Bei der Sturmfahrt haben die Segel gelitten, auch weil wir sie erst unterwegs eingezogen haben.
Ein die schon im Herbst defekte Elektronik hat sich über den Winter nicht autonom regeneriert. In Mallorca gibt es zwar reichlich Erfahrung und Kompetenz, aber es ist,
der Zeit geschuldet, Hochkonjunktur und Manpower und Maschinen schwer zu buchen. Es wird von einem erwartet , daß man Monate im voraus bucht oder endlos
Geduld zeigt.
Nachdem der Crewwechsel stattgefunden hat und wir auch dafür eine nachtfahrt mal wieder eingelegt haben, lagen wir ein paar Tage im Real Club Nautiko Palma.
Von hier aus konnten wir bequem die Bootsmesse mehrfach besuchen und interessante Gespräche führen. Die leicht dahingesagten Versprechungen diverser Verkäufer, nach der Messe uns anzurufen oder ein Mail zu schicken, entpuppten sich als Fakenews.
Einen Tag trafen wir unsere Biker-Freunde Ralph und Helwig auf der Messe.
„Flanieren im Luxus-Mega-Yachthafen von Palma über die In Water-Bootsausstellung und kommen an einem Stand vorbei, der
gewaltige Stabilisatoren mir großen Karbon-Flügeln für Megayachten anbietet. Alles super intelligent und mit reichlich Gyros zur
Kompensation jeglicher Seegangs-Mooves.
Als ich querab war, läßt der Verkäufer die Hightech Maschine rotieren und reicht mir lässig einen Flyer.
Ich antwortete: my ship is already stabilized. Worauf he asked: which system? Ich wieder: my ship has sails, was ihm die Mimik
süßsauer entgleiten ließ.
Im nächsten Augenblick wehte mir eine Böh eines seiner Transparente in’s Gesicht und ich bemerkte: it’s windy,
worauf er: „good for your sails“ ich konterte: „but also good for your stabilizers“ und ging weiter“
Ein anderes Mal wurde uns von Dirk und seiner Frau Christiane Palma ausgiebig gezeigt
Dann wurde unser Platz für eine Regatta gebraucht. Der Segelmacher, der sich um unsere Segel kümmern wollte, hat uns in bekannter Mittelmeermanier mehrfach versetzt und unter dem Druck, auslaufen zu müssen, packten wir die Segel von der Pier zurück auf’s Schiff, und
dampften zu einem Ankerplatz unterhalb der Kathedrale, der auch von diversen Ausflugsschiffen angelaufen wird, nur um den Passagieren zu ermöglichen, ein Bild von der Kathedrale von See aus zu schiessen. Diese Kathedrale hat nicht die gekonnte Leichtfüßigkeit des pariser Pendant’s und auch viel weniger tragendes Holz verbaut.
Und wieder zwang uns ein biorhythmisch ungünstig daherkommender Seewind auf wohligen
Schlaf zu verzichten und quer durch die Palma-Bucht einen besseren Ankerplatz aufzusuchen:
Wir haben heut in wilder Nacht,
den Anker hurtig losgemacht,
und sind dann durch die Bucht gedampft,
damit der Dampfer nicht so stampft.
Zunächst war alles wunderbar,
doch als es wieder sonnenklar,
hat Wind nicht nur stark zugelegt,
nein auch im Halbrund sich bewegt.
Und so uns einen Streich gespielt
Aus Norden er uns jetzt anzielt.
Seh‘ ich den Turm der Sarazenen,
muß nach der Action-Nacht ich gähnen,
und blicken wir mal hinter uns,
erkennen wir im Morgendunst,
zwei Boote, gerad‘ beim Brandungssurfi,
der Eine denkt wohl mehr an Murphi.