Aquilea

Als ich einem freundschaftlich verbundenen Bremer Kollegen zum 65. Geburtstag gratulierte, fragte der nach unserem Standort und etwaigen Problemen. Ich sagte die Mücken, und er, kaum in’s Rentenalter eingetreten, fing fraternisierende Armuts-Klagelieder an. Klarstellend mußte ich erklären, daß wir durch sumpfartige Reviere pilgern und subkutan aktiven Insekten weitgehendst schutzlos ausgesetzt sind. Gegenmaßnahmen gegen erstgenannte Mückenplage erklärte ich, durch unser Meiden von Luxusmarinas, wie Teufel das Weihwasser. Geweiht werden wir genug auch unterwegs.

Was einen antörnt, daß wir die Stärken unseres Schiffes erstmalig im Mittelmeer richtig ausspielen können, nämlich das einziehbare Fahrwerk und damit die übrige Wasserwelt reichlich verblüffen, nach dem Motto der Madame Butterfly: überall segeln, überall fahr’n, wie’s drunter aussieht, geht niemand was an……

Mit  eingeschwenktem Kiel  kommen wir an einen Verkehrsknotenpunkt im Geflecht der moorigen Wasserstrassen, wo  mittendrin zwei Plastikbälle verankert waren. Als Nicht-insider kann man viel hineininterpretieren, nachdem ich aufgebrummt war, wußte ich die gestikulierenden Arme zweier Entgegenkommer zu deuten, nämlich, daß es sich hier um international ungebräuchlich verwendete Untiefentonnen handelt, doch ich fand einen gangbaren Weg. Wir segelten bis zum kinoreifen Sonnenuntergang, wo wir einen Einsiedlerhof mit Restauration und Anlegemöglichkeit fanden. Leider waren die brauchbaren Anlegestellen schon von einigen Flitzern und den beschriebenen, schwimmenden Autoskootern belegt. Diese in Plastik gegossenen Seeungeheuer werden an navigatorische Quereinsteiger verchartert, weshalb man mit diesen Wohnmobilen auch quer fahren kann. Dummerweise erzählt man den Wenigwissern nicht, wie lange die Elektromotoren den Krebsgang durchhalten, bis sie durchbrennen. Um die Seefahrt dem Autofahren anzunähern gibt es entsprechende Straßenbeschilderung. Fahrzeugbegriff bei Verwendung eines französischen Artikels große Fahrt. Leider ist diese vertraglich ausgeschlossen. Für den Fall, daß es mit der Seefahrt nicht klappt, hat jeder Boater an Oberdeck eine ausreichende Anzahl an Fahrrädern dabei.

Nach unserer erfolglosen Demonstration guten Willens, einen eigenen Liegeplatz zu finden, ließ man uns gnädiger Weise längsseits gehen. Trotz zunächst geringen Hungers, verspeisten wir, dankbar für den Liegeplatz, zwei gut schmeckende Pizzas. Unser Innenlieger hatte mit dem Bootsmonster auch einen Lavagrill gechartert. Man grillte bis nach Mitternacht und machte die Ankündigung des frühen Auslaufen’s zur Farce. Als endlich bei denen der Diesel vorgeglüht wurde, waren wir flugs weg, weil man unseren Antriebs-Japaner direkt anwerfen kann.

Die Fahrt ging durch eine landschaftliche Idylle bei 0 Wind und 0 Windwelle, ganz nach dem Geschmack der weiblichen Admiralität Vieles erinnerte an Anrainerstaaten der Nordsee. Ständig waren wir von Reihern umgeben und fanden es nicht zum Kotzen.

Auf künstlich geschaffenen Inseln haben sich Aquanauten ihre Eremitagen geschaffen, für die man nicht genug Clicks erübrigen kann, so malerisch schön. Ein auf einem Dalben sitzender Kormoran klinkte kräftig aus, Millisekunden nachdem meine Kamera Click sagte.

Im Stadthafen von Aquilera, einem Ort voller Historie, fanden wir ein freies Plätzchen, nicht sonderlich komfortabel, dafür nahe am Wohnort unseres Freundes Reinhart, der übermorgen Geburtstag feiert, und für drei Tage kostenlos. Ideal für uns. Selbst den ortsansässigen Friseur akzeptierte die Fürstin, nachdem sie zunächst ablehnte, in diesem Kaff einen Colorierer zu konsultieren. Aber sie gönnt mir nicht die sonneninduzierte Blondine.

Zufällig liegen wir vor einer italienischen Werft, die sehr ansehnliche Schiffe der weltweiten Bootsarmada beisteuert und die wir schon diverse Male auf Bootsmessen bewundert haben.

Jetzt fängt nicht nur der frühe Vogel den Wurm, sondern auch der frühaufstehende Skipper Bilder ein, wie zum Beispiel eine anderen Ortes gefertigte Segelbootschale ihren Weg per Tieflader in die hiesige Ausrüstungswerft findet. Interessant wäre natürlich auch der Abtransport eines komplett fertigen Schiffes, da diese höchstwahrscheinlich nicht den Wasserweg benutzen können, wegen ihres großen Tiefganges, wie man an den angelieferten Kielen ablesen kann.

Um die Wasserstrassen passierbar zu halten, muß das wuchernde Seegras mit Unterwasserrasenmähern abgemäht werden, wobei der Ebbstrom das Schnittgut und einigen anderen Abfall auf’s Meer hinaustreibt